Efferdstränen, Golf von Perricum / Herzogenstadt Trallop, Tsa 1043 BF
Rahjane von Löwenhaupt --- verfemte Prinzessin der Weidenlande und Mutter des neunmalverfluchten Usurpators Baeromar von Geltring-Weiden, der unserer guten Herzogin Walpurga 1022 BF den Thron entreißen wollte --- ist dieser Tage aus dem Reichsgefängnis auf den Efferdstränen in der Markgrafschaft Perricum entlassen worden. Diese Kunde bestätigte Kanzler Eberwulf von Weißenstein auf Nachfrage des FANTHOLI. Seinen Angaben zufolge durfte Frau Rahjane die Einrichtung bereits Mitte Firun 1043 BF verlassen, nachdem auch dort bekannt geworden war, dass die schändliche Tat, für die sie seit 1038 BF einsaß, von jemandem anders begangen wurde.
Zur Erinnerung: Der greise Prinzessin ist nach einem Giftanschlag auf Altgräfin Walderia von Löwenhaupt im Rondra 1037 BF der Prozess gemacht worden. Eine Vielzahl von Beweisen und Indizien sprach seinerzeit für die Täterschaft der Verfemten. Da sie nichts Tragfähiges vorbringen konnte, um all das zu entkräften, wurde sie verurteilt --- und zwar nur deshalb nicht zum Tode, weil Frau Walderia in ihrer Güte um Milde für die fehlgeleitete Schwester gebeten hatte.
Als Motiv wurde seinerzeit unter anderem angeführt, Frau Rahjane habe aus Wut darüber gehandelt, dass ihrem Enkel Rupold von Geltring-Weiden die Mittenberger Baronskrone vorenthalten werden sollte. Reichlich abseitig, wenn man bedenkt, dass alle Besitzungen von dessen verbrecherischem Vater Baeromar, einstens tatsächlich Baron Mittenberges, nach dessen Tod an die Herzogin fielen. Es existiert also überhaupt kein Anspruch des jungen Geltringers auf das Land am Pandlarin --- außer allem Anschein nach in den von Hass und Größenwahn zerfressenen Gedanken seiner wunderlichen Großmutter.
Auch bei Nachforschungen zu einem gefälschten Testament Frau Walderias landeten die Ermittler seinerzeit auf der Spur Rahjanes von Löwenhaupt, während sich der wahre Missetäter im Verborgenen sicher zufrieden die Hände rieb: Der gräfliche Vogt Geiserich von Haffstein hatte die Dinge überaus geschickt und geduldig so gefügt, dass der Verdacht früher oder später auf die verfemte Prinzessin fallen musste. So konnte er sich selbst unbeschadet aus der Sache herauswinden, obwohl Griseldis von Pallingen schon 1037 BF schwere Anschuldigungen gegen ihn erhob.
Doch der Ruf des Haffsteiners war bis dahin untadelig, er genoss das volle Vertrauen Frau Walderias und es deutete auch nichts auf ihn als Täter hin. Deshalb dauerte es noch sechs weitere Jahre, bis er aufflog. Und das nicht etwa, weil ihm jemand in Sachen Giftanschlag auf die Spur gekommen wäre, sondern vielmehr, weil er den Hals nicht voll bekommen konnte und auf der Hochzeit von Gräfin Griseldis abermals verbrecherische Pläne in die Tat umzusetzen trachtete. Diesmal wurde er jedoch erwischt und im Boron 1043 BF wegen diverser Verbrechen --- von denen das schlimmste wohl „namenlose Umtriebe“ sein dürften --- gehängt. Das Schwert, das dem Mann ob seines Adels eigentlich zugestanden hätte, wurde ihm wegen der Schändlichkeit seiner Taten versagt.
Damit ist die Geschichte Geiserichs von Haffstein auserzählt, die Rahjanes von Löwenhaupt aber offensichtlich noch nicht. Gegenwärtig hält die Verfemte sich in Perricum auf, dem Vernehmen nach, um sich von den Strapazen der Gefangenschaft zu erholen und wieder zu Kräften zu kommen. Ob sie plant, anschließend nach Weiden zurückzukehren, dazu konnte Kanzler Eberwulf FANTHOLI nichts sagen. Offenbar steht Frau Rahjane also nicht mit dem Herzogenhaus im Austausch über ihre Pläne. Vielleicht ist das ja ein Indiz dafür, dass sie endlich Ruhe geben und die Mittnacht in Zukunft nicht weiter mit ihrer mehr als unwillkommenen Gegenwart quälen will.