Baronie Mittenberge, Efferd 1046 BF

Keine zwei Jahre sind verstrichen, seit Prinzessin Rahjane von Löwenhaupt nach einem längeren Aufenthalt im Reichsgefängnis auf den Efferdstränen in Weidener Gefilde zurückgekehrt ist. Wie FANTHOLI seinerzeit berichtete, hat ihre Schwester, Altgräfin Walderia von Löwenhaupt, sie bei sich in Mittenberge aufgenommen – sehr zum Ungemach der Herzogin sowie des Kronprinzen. Und als wäre das nicht genug, hat die Verfemte nun auch noch ihre Familie nachgeholt. Jedenfalls das bisschen, was davon übrig ist: ihren Enkel Rupold Avon von Geltring-Weiden, den Sohn des Borbarad-Buhlen und gescheiterten Usurpators Baeromar.

Leider hat bislang weder Frau Walderia noch der Herzogenhof etwas darüber verlauten lassen, wie es zu dieser unglücklichen Entwicklung kommen konnte. Hinter vorgehaltener Hand wird gemunkelt, Prinz Arlan hätte gegen die Rückkehr seines Vetters noch vehementer opponiert als gegen die der Großtante. Es heißt, dass er den Geltringer persönlich vorgeladen habe, um ihm zu sagen, dass er hochkant aus der Mittnacht rausfliegen wird, wenn er auch nur einen schiefen Blick wirft oder in die falsche Richtung niest. Bestätigen wollte Kanzler Eberwulf von Weißenstein ein solches Treffen aber nicht.

Was also ist aktuell überhaupt bekannt? Nach Informationen dieses Blattes ist Herr Rupold Anfang des Efferd-Monds in Mittenberge angekommen und zu seiner Großmutter auf die Wasserburg Auenwacht gezogen. Da seinerzeit nirgendwo in der Baronie Protest laut geworden ist, dürfen wir wohl davon ausgehen, dass der junge Mann nicht unangekündigt kam und sich nunmehr mit dem Segen von Frau Walderia in seiner alten Heimat aufhält. Was genau er dort will, darüber können wir allenfalls spekulieren, erlauben uns momentan aber noch die Hoffnung, dass es bloß eine Stippvisite ist, bei der er sich vom Wohlergehen seiner Großmutter überzeugen will.

Was wissen wir noch? Herr Rupold war vier Jahre alt, als Herzogin Walpurga seinen verbrecherischen Vater erschlug. Danach ist seine Mutter Morella von Rabenmund – gemeinsam mit ihm und Frau Rahjane – in ihre darpatische Heimat geflohen. Nach Dettenhofen, um genauer zu sein, denn dort hat ihr Bruder, Vogt Roderick von Rabenmund, das Sagen. Uns ist außerdem bekannt, dass der Geltringer seine Knappenschaft in den Nordmarken abgeleistet hat und nach seiner Schwertleite noch drei Götterläufe lang in den Diensten seiner Schwertmutter, der Baronin von Nablafurt, einer engen Vertrauten Jast Gorsams von Großem Fluss, stand.

Anschließend verlieren sich die Spuren des jungen Mannes. Es heißt, dass er sich aus eigenem Antrieb von der Nablafurterin losgesagt habe und einige Götterläufe als reisender Ritter im ganzen Raulschen Reich unterwegs gewesen sei. Viel Ruhm scheint er dabei jedoch nicht an seinen Schild geheftet zu haben – zumindest sind bislang keine Lobgesänge auf irgendwelche Großtaten des Geltringers hier in Weiden angekommen.

Was ihn nach so vielen Jahren der Abwesenheit wieder in die Mittnacht gezogen hat, bleibt vorerst rätselhaft. Er ist aktuell ein Ritter ohne Lehn und ohne Dienstherrn. Sollte er nicht ohnehin vorhaben, bald schon weiterzuziehen, wird ihn ja vielleicht irgendwann die Erkenntnis einholen, dass in einem solchen Dasein wenig Ehre steckt und dass es für alle Beteiligten besser wäre, wenn er Weiden wieder verlässt.